Kerosinverbrauch senken –
Verkehr auf die Schiene verlagern
Eine Möglichkeit um den Verbrauch zu senken ist, Flugzeuge durch andere Verkehrsmittel zu ersetzen. Insbesondere auf Kurzstreckenflügen wird eine solche Verlagerung immer wieder gefordert. Damit dies gelingt, muss am Boden jedoch eine geeignete Infrastruktur existieren, die es vor allem der Bahn ermöglicht, zum Flugverkehr konkurrenzfähige Reisezeiten anzubieten. Denn die Erfahrung zeigt: Kurzstreckenflüge konnten immer dann ersetzt werden, wenn die Bahn es geschafft hat, eine Strecke in unter drei Stunden zu bedienen.
Wieso gibt es innerdeutschen Luftverkehr?
Kurzstreckenflug ist nicht gleich Kurzstreckenflug. Manche Kurzstreckenflüge verbinden einfach zwei Städte miteinander, andere Flüge dienen als Zubringer zu einem Luftverkehrs-Drehkreuz, wo Passagiere auf Anschlussflüge in alle Teile der Welt umsteigen. Dieser Unterschied ist sehr wichtig, um zu verstehen, wie der innerdeutsche Luftverkehr funktioniert und warum es so schwierig ist, viele Kurzstreckenflüge zu verlagern.
In Deutschland gibt es zwei Arten von Kurzstreckenflügen: Manche Flüge dienen nur dazu, Start- und Zielort miteinander zu verbinden. Diese werden als Punkt-zu-Punkt-Flüge bezeichnet. Im innerdeutschen Luftverkehr gehören faktisch alle Flüge außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München in diese Kategorie. Beispielsweise sind das die Strecken Berlin – Köln/Bonn oder Hamburg – Stuttgart. Diese Flüge werden fast gar nicht von Umsteigepassagieren genutzt, weshalb hier Flüge bei vorhandenen Alternativangeboten schnell verlagert werden können. Voraussetzung für ein geeignetes Alternativangebot, so zeigt die Erfahrung, ist eine Reisezeit von unter drei Stunden. Auf Strecken, wo die Bahn diese Reisezeit unterschreitet, konnten Punkt-zu-Punkt-Flüge eingestellt werden. Dazu zählen beispielhaft die Strecken Köln/Bonn – Stuttgart oder Berlin – Nürnberg.
Im Gegensatz dazu werden Flüge von und zu großen Flughafen-Drehkreuzen auch zu einem großen Anteil von Umsteigern genutzt. Diese nutzen den Kurzstreckenflug nur als Zubringer und steigen am Drehkreuz auf einen Anschlussflug in weiter entfernte Länder um. In Deutschland betrifft dies vor allem Flüge von und nach Frankfurt und München. Aber auch kurze Zubringerflüge an Drehkreuze in Nachbarländer, wie etwa die Niederlande (Drehkreuz Amsterdam) oder die Schweiz (Drehkreuz Zürich), fallen in diese Kategorie. Auf diesen Flügen bilden die Umsteiger häufig die Mehrheit der Passagiere, teilweise setzen über 90 Prozent der Reisenden an Bord eines Kurzstreckenfluges ihre Reise fort, nachdem sie am Drehkreuz angekommen sind.
Solche Zubringerflüge sind Teil eines Netzwerkes, das in Fachkreisen „Hub-and-Spoke-Modell“ genannt wird. Dabei bündeln Fluggesellschaften möglichst viele Zubringerverbindungen an einem Drehkreuz, um von dort möglichst viele Langstreckenverbindungen gut auslasten zu können. Dieses Modell hat für Fluggäste, Airlines und auch die Umwelt mehrere Vorteile:
- Die Airline kann mit weniger Flugzeugen deutlich mehr Verbindungen anbieten, auch solche, die sich als Direktflug nicht rentieren würden.
- Die Flugzeuge sind besser ausgelastet, weil Fluggäste mit verschiedenen Zielen sich ein Flugzeug „teilen“ und es müssen deutlich weniger Einzelflüge angeboten werden, als bei Direktverbindungen nötig wären. Ein Beispiel: Um Passagiere aus Berlin, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Mailand nach Miami zu bringen, wären fünf Non-Stop-Flüge notwendig. Dank dem Hub-and-Spoke-Modell kann Lufthansa Passagiere aus Berlin, Hamburg, Stuttgart und Mailand nach Frankfurt bringen, um sie dann mit nur einem Flug den Großteil der Strecke nach Miami zu befördern.
Damit das Hub-and-Spoke-Modell funktioniert, und die Langstreckenflugzeuge gut ausgelastet werden können, ist ein dichtes Zubringernetz notwendig. Daraus ergeben sich jedoch manchmal auch Ultrakurzstreckenflüge. Dies geschieht immer dann, wenn eine Fluggesellschaft keine andere Möglichkeit sieht, eine Stadt an ihr Drehkreuz anzubinden. So betreibt Lufthansa beispielsweise noch Zubringerflüge aus Düsseldorf, Nürnberg oder Stuttgart nach Frankfurt. Zwar gibt es von diesen Städten auch schnelle Zugverbindungen zum Frankfurter Flughafen, die Lufthansa ebenfalls seit vielen Jahren vermarktet. Allerdings werden diese von den Passagieren trotz Anschlussgarantie oft nicht ausreichend angenommen.
Würde Lufthansa diese Zubringerflüge trotzdem einstellen, hätte das zur Folge, dass der Großteil der Passagiere nicht auf die Bahn umsteigen würde, sondern mit einer Konkurrenz-Airline über deren weiter entferntes Drehkreuz, z.B. Paris, London oder Istanbul reisen würde. Dem Klima wäre damit nicht geholfen, da so eher Umwege entstehen, die Strecke insgesamt länger wird und dadurch mehr Emissionen entstehen. Das Beispiel zeigt, wie schwierig es ist, auch Zubringerflüge an einen Flughafen mit sehr guter Schienenanbindung, wie Frankfurt, zu ersetzen. Bislang ist dies nur einmal nachhaltig gelungen, nämlich im Fall der Strecke Köln – Frankfurt, wo Lufthansa sämtliche Flüge einstellen konnte. Zusätzlich herausfordernd wird die Situation, wenn das Drehkreuz nur unzureichend an den Schienen-Fernverkehr angebunden ist, wie es z.B. am Flughafen München der Fall ist.
Gemeinsam für mehr Klimaschutz: Der Aktionsplan von Luftverkehr und Deutscher Bahn
Um Klimaschutzziele zu erreichen, ist es immer wichtig, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Dies gilt insbesondere auch für die Thematik der Verkehrsverlagerung. Um auch diese voranzutreiben, haben die Deutsche Bahn AG und die deutsche Luftverkehrswirtschaft einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeitet. Mit diesem wollen Luft- und Schienenverkehr das gemeinsame Mobilitätsangebot attraktiver gestalten und vorhandenes Verlagerungspotenzial im innerdeutschen Luftverkehr ausweiten.
Mit ihrem gemeinsamen Aktionsplan wollen Deutsche Bahn AG und die deutsche Luftverkehrswirtschaft die Vernetzung von Luftverkehr und Schiene verbessern und so die Vorteile des jeweiligen Verkehrsmittels optimal nutzen. So sollen mehr Passagiere dazu bewogen werden, anstatt des innerdeutschen Fluges den Zug zu nutzen. Denn bei der CO2-Bilanz ist der Zug gegenüber dem Flugzeug im Vorteil: Bereits heute nutzt die Deutsche Bahn für über 50 Prozent ihres Bedarfes Ökostrom, bis 2038 soll der Bahnstrom sogar komplett aus erneuerbaren Energien stammen. Um auch für Reisende auf längeren Strecken attraktiv zu sein, müssen jedoch Angebote verbessert und Reisezeiten verkürzt werden. Werden die Maßnahmen des Aktionsplans umgesetzt, könnten so bis zu 4,3 Millionen Reisende jährlich vom Flug auf den Zug wechseln. Dadurch ließen sich die CO2-Emissionen des innerdeutschen Flugverkehrs um ein Sechstel senken.
Verlagerungspotenzial im innerdeutschen Verkehr
Konkret sieht der Aktionsplan dabei vor, Umsteigereisen zwischen Zug und Flug zu erleichtern, indem beide Verkehrsträger besser vernetzt werden. So sollen bereits bestehende Angebote wie „Lufthansa Express Rail“ weiter verbessert werden. Außerdem wollen Deutsche Bahn, Lufthansa und der Flughafenbetreiber Fraport den Übergangsprozess zwischen Bahnhof und Terminal am Flughafen Frankfurt optimieren. Jenseits der Drehkreuze sollen die Bahnverbindungen auf vielen Strecken durch Ausbaumaßnahmen schneller werden. Zudem werden zusätzliche ICE-Sprinter-Fahrten und Taktverdichtungen geplant. Auch Ausbaumaßnahmen, wie durch neue Hochgeschwindigkeitsstrecken, sollen die Ziele des Aktionsplans unterstützen.
Erste Maßnahmen, die im Aktionsplan beschrieben wurden, sind bereits umgesetzt: So sorgt seit 2022 ein neuer ICE-Sprinter mehrmals täglich für eine schnellere Direktverbindung vom Frankfurter Flughafen nach Nürnberg und München. Mit Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsstrecke Wendlingen-Ulm im Dezember 2022 verkürzen sich nun die Fahrtzeiten zwischen Stuttgart und München. Zudem ist sie Grundlage für die Anbindung des Flughafens Stuttgart an den Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) nach Fertigstellung des Bahnprojektes Stuttgart 21.
Eine erprobte Zusammenarbeit: Gemeinsame Angebote von Bahn und Airlines
Um Fluggästen die Nutzung der Bahn als Zubringer möglichst leicht zu machen, arbeiten Airlines und Bahnunternehmen schon seit Jahrzehnten erfolgreich zusammen. In Deutschland gibt es heute eine Vielzahl von Angeboten, die es Airline-Kunden ermöglicht, das Fernverkehrsticket der Bahn direkt in ihre Flugbuchung zu integrieren.
Fragt man Reisende, welches das größte Problem bei der Anreise mit der Bahn zum Flughafen ist, so hört man als Antwort oft die mangelnde Pünktlichkeit und die damit verbundene Angst, den Flug zu verpassen. Dabei gibt es in Deutschland schon seit Jahren ein Angebot, bei welchem Passagiere sich darum keine Sorgen machen müssen, die Kooperation „Lufthansa-Express-Rail“ zwischen Lufthansa und Deutscher Bahn. Im Rahmen dieser Kooperation können Lufthansa-Passagiere eine Flugreise buchen, bei der der innerdeutsche Teil der Reise vom/zum Flughafen Frankfurt mit einem ICE der Deutschen Bahn erfolgt. Dazu haben die meisten ICEs mit Halt am Frankfurter Flughafen auch eine Lufthansa-Flugnummer und können bei Buchung einer Umsteigeverbindung wie ein normaler Flug direkt gebucht werden. Der Vorteil: Bei diesem Angebot ist der Anschluss in Frankfurt abgesichert. Im Falle einer Verspätung werden Passagiere kostenlos auf den nächsten Flug umgebucht. Außerdem können „Lufthansa-Express-Rail“-Reisende ihr Gepäck in einem separaten Bereich direkt am Flughafenbahnhof in Frankfurt, dem „AirRail-Terminal“, aufgeben und eine spezielle Spur für die Sicherheitskontrolle nutzen. Mittlerweile kann „Lufthansa Express Rail“ für Reisen aus 24 Städten genutzt werden. Dazu zählen typische Flughafenstandorte, wie Stuttgart, Köln, oder sogar Berlin, aber auch kleinere Städte wie Würzburg oder Göttingen.
Zug statt Flug: Lufthansa Express Rail
Das Angebot soll in Zukunft weiter ausgebaut werden.
Um mehr Reisende erreichen zu können ist die Deutsche Bahn zudem als erstes branchenfremdes Unternehmen dem weltgrößten Luftfahrt-Bündnis „Star Alliance“ beigetreten. Damit können nun Kunden aller 25 Airlines des Bündnisses ihre Reise von und nach Frankfurt mit einer angeschlossenen Zugfahrt zu einem anderen Ziel in Deutschland kombinieren.
Es gibt auch noch andere Kooperationen zwischen Bahn und Luftverkehr. Die wohl bekannteste ist „Rail & Fly“: Damit können Passagiere die An- und Abreise zum Flughafen mit einem Fernverkehrsticket der Deutschen Bahn zum Festpreis hinzubuchen. Dabei ist der Preis für jeden Abfahrtsbahnhof deutschlandweit identisch. Bekannt ist „Rail & Fly“ vor allem als Angebot bei Pauschalreisen, jedoch bieten auch zahlreiche Airlines das Angebot als Ergänzung zur Flugbuchung an. Um Reisenden im innerdeutschen Luftverkehr auch bei Störungen schnell und unkompliziert helfen zu können, gibt es zudem das Programm „Good for Train“. Damit können Kunden der deutschen Airlines ihr Flugticket im Falle einer Störung unkompliziert online gegen eine Bahnfahrkarte umtauschen.