Optimierte Flugverfahren
sparen Kerosin
Für die Organisation und Kontrolle des deutschen Flugverkehrs ist die Deutsche Flugsicherung DFS zuständig. Dabei verfolgt sie drei Ziele: den Luftverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln und gleichzeitig so viel Lärm und Ausstoß von Kohlendioxid wie möglich zu vermeiden.
Ein wichtiges und inzwischen etabliertes Verfahren hierfür ist der kontinuierliche Sinkflug (CDO). Diese Form des Landeanflugs ist im Gegensatz zur Landung in langen Stufen besonders energieeffizient. Pro Flug können dadurch zwischen 60 und 100 Liter Kerosin eingespart werden.
Ein anderer Weg, Treibstoff bei der Landung zu sparen, ist das Triebwerk im Leerlauf zu betreiben – ähnlich wie beim Autofahren. Hier könnte in Zukunft das momentan erprobte Assistenzsystem LNAS den Piloten den richtigen Zeitpunkt für die Reduktion des Schubes und das Ausfahren des Fahrwerks sowie der Landeklappen anzeigen. Die Forschung verfolgt viele neue Ansätze. Aber: Es kommt auch zu Zielkonflikten, denn kohlendioxidärmere Flugverfahren können in bestimmten Fällen auch zu mehr Lärm führen.
Zielkonflikt: Sprit einsparen oder Lärm vermeiden
In Flughafennähe steht neben der sicheren und flüssigen Abwicklung des Luftverkehrs der Schutz der Bevölkerung vor unzumutbaren Fluglärm im Fokus. Aber auch die Vermeidung von Schadstoffemissionen ist ein zentraler Aspekt. Dabei kann es zu Zielkonflikten zwischen der Vermeidung von Lärm und der Reduzierung der Treibhausgase kommen.
Einige der an deutschen Flughäfen eingeführten Lärmminderungsmaßnahmen bedingen allerdings entweder einen längeren Flugweg oder greifen in spritsparende Verfahren ein. So muss – je nach Verkehrslage – beispielsweise der spritsparende kontinuierliche Sinkflug kurzzeitig unterbrochen werden, damit kreuzende Abflüge für einen kontinuierlichen Steigflug freigegeben werden können, der z. B. in niedrigen Höhen mehr Lärm am Boden verursacht.
Aber auch die Vermeidung kurzer Eindrehvorgänge auf den Endanflug, die aufgrund geringer Überflughöhen zu einer höheren Schallimmission am Boden führen, bedingt wegen des verlängerten Anfluges eine Erhöhung des Kerosinverbrauches.
Kerosin einsparen auf den letzten Metern: der späte Sinkflug
Um den Kohlendioxid-Ausstoß bei der Landung zu reduzieren, haben die DFS und die Fluggesellschaften den kontinuierlichen Sinkflug weiterentwickelt: Die Flugzeuge beginnen nun später zu sinken. Simulationen für Anflüge zeigen, dass sich damit bis zu 85 Liter Kerosin pro Flug einsparen lassen.
An mehreren Flughäfen, wie zum Beispiel in Frankfurt gehört die Kombination dieser beiden Verfahren – kontinuierlicher Sinkflug (Continuous Descent Operations oder CDO) im Anflugbereich und der weiter draußen stattfindende späte und ebenfalls kontinuierliche Sinkflug – bereits zum Alltag. Die Lufthansa hat den CDO am Flughafen München optimiert und spart allein dort durch dieses Verfahren jährlich 600 Tonnen Kerosin ein.
Weitere Flughäfen wollen diesem Beispiel folgen. Aber wie wird dabei Treibstoff gespart? Es liegt am Luftwiderstand. Der ist umso geringer, je höher ein Flugzeug fliegt. Je später die Höhe durch den Sinkflug reduziert wird, umso weniger Treibstoff wird also verbraucht. Zusätzlich wird die Triebwerksleistung idealerweise bis zum Leerlauf gesenkt, was ebenfalls zu einem geringeren Ausstoß von Kohlendioxid führt. Dadurch werden übrigens auch die Lärmemissionen gesenkt.
Aber: Der späte und kontinuierliche Sinkflug ist störungsanfällig. Das gilt zum Beispiel für ungünstige Wetterbedingungen mit Turbulenzen und Gewitterzellen. Ein hohes Verkehrsaufkommen ist ebenfalls hinderlich, weil durch den langsameren kontinuierlichen Sinkflug und die individuelle Sinkrate der Flugzeuge weniger Flugzeuge im gleichen Zeitraum landen können als beim herkömmlichen Landeanflug und somit nicht allen Flugzeugen der optimale Sinkflug ermöglicht werden kann.
ODP: Sinkflug an vielbeflogenen Flughäfen
Das Projekt Optimized Descent Profiles (ODP) hat 2015 gezeigt, dass auch in Lufträumen mit viel Verkehr effizientere und umweltverträglichere Sinkflugprofile genutzt werden können. Das Ergebnis ist ermutigend: Allein bei den Testflügen für die neuen Anflugprofile im Rahmen des Projekts wurden bereits rund 270 Tonnen CO2 eingespart.
Hinter ODP steht eine Partnerschaft aus den europäischen Flugsicherungsorganisationen und Fluggesellschaften. Insgesamt wurden 11.467 Flüge an neun Flughäfen durchgeführt, um die Anflugprofile zu verbessern. Die Experten von EUROCONTROL gehen davon aus, dass mit den neuen Sinkflugprofilen jährlich 3.400 Tonnen Kerosin weniger ausgestoßen werden. Das entspricht rund 10.700 Tonnen Kohlendioxid. Die Hälfte der analysierten Anflugprofile wurde bereits dauerhaft eingeführt.
Unterstützung für den Piloten zum Spritsparen
Der Name sagt es: Das Low Noise Augmentation System (LNAS) ist eigentlich entwickelt worden, um die Lärmentwicklung bei der Landung von Flugzeugen zu reduzieren. Es kann aber auch Treibstoff einsparen. Momentan wird das Projekt vom DLR und dem Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) in Kelsterbach getestet.
Je weniger eine Turbine läuft, desto weniger Kerosin verbraucht sie, und gerade im Sinkflug kann der Turbineneinsatz reduziert werden. Allerdings ist die Landung besonders arbeitsintensiv und entsprechend schwierig ist es, den richtigen Zeitpunkt für das Ausfahren der Klappen und des Fahrwerks so optimal zu wählen, dass ein Teil der Landephase komplett im besonders leisen und treibstoffsparenden Leerlauf stattfinden kann.
Hier hilft das LNAS, denn es zeigt den Piloten im Cockpit exakt an, zu welchem Zeitpunkt sie welche Handlung durchführen müssen. Diese Optimierung der Abläufe im Cockpit führt nicht nur zu einer Lärmminderung, sondern auch zu Treibstoffeinsparungen. Gegenüber Anflügen ohne dieses System kann der Kerosinverbrauch auf den letzten 25 Meilen um bis zu zehn Prozent je Anflug gesenkt werden.
Seit 2019 läuft der Probebetrieb am Flughafen Frankfurt im Rahmen einer breit angelegte Studie. Diese wird in Kooperation durch das Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH) und Lufthansa durchgeführt.
Ein zukunftsweisendes Anflugverfahren: Augmented Approaches to Land
Das unter SESAR laufende Projekt „Augmented Approaches to Land“ (AAL) untersuchte moderne Anflugverfahren an den Flughäfen Frankfurt, Bremen und Zürich. Mehr als 360 Testflüge mit gekurvter satellitenbasierter Ergänzungsnavigation und Sicht (augmented navigation and vision) wurden durchgeführt. Mit diesen Verfahren ließ sich eine bessere Erreichbarkeit von Flughäfen erzielen, zum Beispiel für die Geschäftfsflugverkehre.
SESAR-Ziele
Als Projektpartner war die DFS für gekurvte Anflugverfahren in Bremen und Frankfurt verantwortlich. Mit dem sogenannten „Radius to Fix“-Verfahren ließ sich ein gekurvter Anflug mit großer Genauigkeit fliegen und gleichzeitig eine flexiblere Routenführung erzielen. So können beispielsweise bewohnte Gebiete besser umflogen werden.
Auch die GBAS-Technologie und der 3,2-Grad-Anflugwinkel wurden in Verbindung mit diesem Verfahren getestet. Die Anflüge in den Tests verliefen erfolgreich. Jedoch benötigt die operative Einführung solcher Verfahren in Frankfurt und Bremen weitere Anpassungen. In Bremen und Zürich lag der Fokus primär auf der Verkürzung von Anflugstreckenlängen, wodurch Kerosin eingespart werden kann.
In Frankfurt jedoch war das vorrangige Ziel die Lärmreduzierung durch das Umfliegen von größeren Städten. Somit stehen neue Verfahren auch häufig vor der Herausforderung, die richtige Priorisierung von Lärmreduzierung und Kerosineinsparung zu finden.