Kerosin bleibt Kerosin,
unabhängig von der Herstellungsart
Flugzeuge fliegen mit einem flüssigen Kraftstoff, der vor allem aus Kohlenwasserstoffen besteht. In der Luftfahrt werden vorwiegend vier Arten von Flugkraftstoff unterschieden: der Flugturbinenkraftstoff, der auch als Jet Fuel, Jet A-1 oder Kerosin bezeichnet wird, das Kerosin-Benzin-Gemisch, vielfach als Jet B benannt, das Flugbenzin oder AvGas sowie alternativer Flugkraftstoff. Der am häufigsten genutzte Kraftstoff ist dabei das Jet A-1, das in den allermeisten Flugzeugen für den Antrieb sorgt. Jet B wird dagegen vor allem in militärisch eingesetzten Flugzeugen genutzt und Flugbenzin kommt zumeist nur noch in Sport- und Privatflugzeugen zum Einsatz.
Alternative Flugkraftstoffe sind aktuell als sogenannte Drop-in-Kraftstoffe konzipiert, d.h. sie sind kompatibel, austausch- und mischbar mit konventionellem Jet A-1 Kerosin. Drop-in-Kraftstoffe haben den positiven Effekt, dass sie den gleichen hohen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen gerecht werden wie herkömmlicher Kraftstoff. Und zwar so, dass ihr Einsatz keine Änderungen am Flugzeug und speziell den Turbinen oder der Infrastruktur zur Betankung erfordert.
Wird Kerosin verbrannt, dann entstehen neben der Energie für den Antrieb in erster Linie Kohlendioxid und Wasserdampf. Ob bei der Verbrennung von Kerosin neues, zusätzliches Kohlendioxid entsteht oder die Verbrennung CO2-neutral erfolgt, hängt davon ab, wie und womit es produziert worden ist. Für die Herstellung gibt es verschiedene Verfahren, die mit unterschiedlichen Ressourcen arbeiten. Noch ist die Produktion nicht wirtschaftlich und daher das alternative Kerosin um ein Vielfaches teurer als herkömmliches Kerosin. Deshalb wird weltweit an effizienteren Methoden zur Produktion von synthetischem Kerosin gearbeitet. Dafür bedarf es der staatlichen Förderung von Forschungsprojekten.
Herstellungsverfahren für alternative Flugkraftstoffe
Grundsätzlich gibt es zwei Verfahren, um Kerosin aus organischem Material zu gewinnen. Entweder wird die ganze Pflanze genutzt oder es stehen ölhaltige Pflanzenbestandteile bzw. tierisches Fett im Vordergrund. Aber auch regenerative Energien wie Sonne, Wind, Wasser und Kohlendioxid sind als Kraftstoffquellen möglich. Um alternative Kraftstoffe herzustellen, gibt es mehrere Verfahren wie zum Beispiel das Fischer-Tropsch-Verfahren, HEFA, Alcohol-to-Jet, Power-to-Liquid und Sun-to-Liquid. Alle Verfahren müssen internationalen Standards entsprechen.
Power-to-Liquid-Verfahren
Das Power-to-Liquid-Verfahren setzt für die Herstellung von alternativem Kerosin auf drei Komponenten: regenerativ erzeugte Energie aus Sonne oder Wind, CO2 und Wasser. Mit diesen drei Komponenten ist es möglich, ein synthetisches Gas herzustellen, aus dem wiederum mit Hilfe des Fischer-Tropsch-Verfahrens Kraftstoffe wie Benzin oder Kerosin erzeugt werden können. Das Produktionsverfahren findet dabei in drei Schritten statt:
Zuerst wird entweder mithilfe der Hochtemperatur-Elektrolyse oder in einem Solarreaktor (bei Sun-to-Liquid-Verfahren) unter Verwendung erneuerbarer Energie Wasserdampf in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten und in einem anderen Verfahren Kohlendioxid aus der Luft extrahiert. Im zweiten Schritt werden CO2 und Wasserstoff zu einem Synthesegas vereint. Zuletzt wird aus dem Gas in der Fischer-Tropsch-Synthese Benzin, Kerosin oder Wachse hergestellt.
Sun-to-Liquid-Verfahren
Bei dem Sun-to-Liquid-Verfahren wird in einem Solarreaktor ein Metalloxid in Metall- und Sauerstoffionen gespalten. Mit Sonnenkollektoren können die notwendigen Temperaturen von bis zu 2.000 Grad Celsius erzeugt werden. Sie fangen die Sonnenstrahlung auf und bündeln sie. Anschließend werden Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf eingeleitet und es bildet sich ein Synthesegas, aus dem mittels des Fischer-Tropsch-Verfahrens alternatives Kerosin hergestellt werden kann.
Biomass-to-Liquid-Verfahren mit Fischer-Tropsch-Synthese
Die Fischer-Tropsch-Synthese oder das Fischer-Tropsch-Verfahren geht auf Franz Fischer und seinen Mitarbeiter Hans Tropsch im Jahr 1925 zurück. Dabei handelt es sich um ein bewährtes großtechnisches Verfahren zur Umwandlung eines Synthesegases aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff in flüssige Kohlenwasserstoffe, mit denen zum Beispiel Kerosin gewonnen werden kann. Beim Fischer-Tropsch-Verfahren kann dabei jedes kohlenstoffreiche Material verwendet werden. Es ist somit besonders für die Verarbeitung von Biomasse geeignet.
HEFA-Verfahren
Die Abkürzung HEFA benennt die Produktion von Biokraftstoffen auf Basis von Ester und Fettsäuren – Hydroprocessed Esters and Fatty Acids, kurz HEFA. Während beim Fischer-Tropsch-Verfahren ganze Pflanzen zu Synthesegasen verarbeitet werden, nutzt HEFA pflanzliche und tierische Öle und Fette ganz verschiedener Herkunft, beispielsweise aus Altfetten, also Abfällen aus der Nahrungsmittelindustrie. Zuerst wird dem Ausgangsprodukt das Wasser entzogen, um ein Öl zu enthalten. Dieses wird dann ähnlich wie Rohöl, raffiniert.
Alcohol-to-Jet-Verfahren
Kohlenhydrate beziehungsweise Zucker sind ein natürlicher Energieträger, die in Biomasse in einfacher Form vorkommen und mit Hilfe von Hefen direkt in Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden können – wie zum Beispiel aus der Produktion von trinkbarem Alkohol bekannt. Das Verfahren wird DSHC – Direct Sugar to Hydrocarbons – genannt. Bei dem Verfahren Alcohol-to-Jet oder verkürzt AtJ genannt, kann auf jeden Alkohol zurückgegriffen werden. Durch thermochemische Reaktionen werden aus Alkoholen Kohlenwasserstoffketten gebildet, die dann als Kerosin abgetrennt werden.
Die Herstellung von Alkohol kann aber auch vollständig übergangen werden, wenn man AtJ mit DSHC kombiniert, denn dort werden bereits Zuckermoleküle durch Mikroorganismen so aufbereitet, dass sie anschließend durch einen Hydrierungsprozess direkt in C15-Kohlenwasserstoffe umgewandelt werden können. Der erste Testflug auf einer regulären Strecke mit einer Mischung aus Alcohol-to-Jet-Kraftstoff aus Mais und herkömmlichem Kerosin fand im Jahr 2016 auf der Strecke zwischen Seattle und San Francisco statt. Dazu wurden dem herkömmlichen Kerosin 20 Prozent AtJ beigemischt, mit denen Treibhausgasemissionen um rund 50 Prozent gesenkt werden konnten.
Wasser – wichtige Ressource zur Herstellung alternativer Flugkraftstoffe
Für die Herstellung von Energie und Kraftstoffen ist die Ressource Wasser eine kritische Komponente. Wasser ist dabei je nach regionaler Gegebenheiten sehr unterschiedlich verfügbar, sowohl in der Menge als auch zeitlich. Während in einigen Regionen der Welt die Wassersituation sehr angespannt ist, gibt es in Deutschland eine hohe Verfügbarkeit.
Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge ist der Wasserbedarf von alternativen Kraftstoffen aus Biomasse im Vergleich zu Kraftstoffen aus Strom sehr hoch. Er hängt besonders vom Anbauprodukt, also der Pflanze, dem Anbauverfahren und somit auch dem Bewässerungstyp sowie den klimatischen Bedingungen der Anbauregion ab. So liegt zum Beispiel der Wasserbedarf bei Kerosin aus Jatrophaöl bei rund 19.914 Liter H2O/ Liter Kerosin und aus Algenöl bei 497 Liter H2O/ Liter Kerosin, während der Wasserbedarf bei Kerosin aus Strom und CO2 bei nur 1,38 Liter H2O/ Liter Kerosin liegt.