Klimawirkung des Luftverkehrs
Bei der Verbrennung von Kerosin entsteht nicht nur das Treibhausgas Kohlendioxid und Wasserdampf. Auch Stickoxide (NOx), Schwefeldioxid (SO2) und Rußpartikel gehören zu den Verbrennungsprodukten, die das Klima beeinflussen können. Ebenso wie die Kondensstreifen hinter dem Flugzeug, die je nach Wetterlage manchmal entstehen.
Die Klimawirkung des Luftverkehrs ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Art und Menge der Emissionen, Wetterbedingungen, Tageszeit und Emissionsort, die Verweildauer und die geografische Ausbreitung der Emissionen bestimmen das Ausmaß der Klimawirkung. Während die Klimawirkung des Kohlendioxids fundiert wissenschaftlich untersucht ist, gibt es zum Beispiel bei der Abschätzung der Klimawirkung der Kondensstreifen sowie Zirruswolken und der Stickoxide noch weiteren Forschungsbedarf.
Die Fluggesellschaften unterstützen aktiv unterschiedliche Forschungsprojekte zur Klimawirkung des Luftverkehrs, zum Beispiel mit Forschungsflügen. Dabei sammeln sie wertvolle Daten, aus denen sich wichtige Erkenntnisse für die Atmosphären- und Klimaforschung ziehen lassen. Zusätzlich arbeiten die Hersteller stetig an der Entwicklung sparsamerer und emissionsärmerer Triebwerke. Rein elektrische Antriebe wären während des Flugs sogar komplett emissionsfrei und würden somit auch keine Kondensstreifen bilden. Auch an dieser Form des Fliegens wird intensiv geforscht.
Kompliziert: Klimawirkung berechnen
Die Emissionen des Luftverkehrs, also Kohlendioxid, Stickoxide, Wasserdampf, Kohlenmonoxid, unvollständig verbrannte Kohlenwasserstoffe und Partikelemissionen wie Ruß können sich auf das Klima auswirken. Die Emissionen beeinflussen die atmosphärischen Konzentrationen von Kohlendioxid (CO2), Ozon (O3), Methan (CH4), Wasser (H2O) sowie Aerosolen. Über die Bildung von Kondensstreifen besteht auch Einfluss auf die Bewölkung. Eine starke Bewölkung beeinflusst das Klimasystem der Erde. Welche Auswirkung die Emissionen genau haben, also wie sehr sie die Erde erwärmen oder auch abkühlen, ist von vielen Faktoren abhängig. Deshalb ist auch noch Forschungsarbeit notwendig, um die Klimawirkung verstehen und exakt berechnen zu können.
Gut erklären lässt sich das am Beispiel NOx. Diese Stickoxide, Stickstoffoxide oder nitrosen Gase sind verschieden stark oxidierte Formen des Stickstoffs. Sie entstehen, wenn fossile Kraftstoffe verbrannt werden. In der Atmosphäre wirken sie wie ein Katalysator, das heißt, sie befördern andere chemische Prozesse, ohne sich selber dabei zu verändern. Konkret bedeutet dies: NOx trägt dazu bei, dass Sauerstoff (O2) zu Ozon (O3) umgewandelt wird. Ozon gilt als Treibhausgas, weil es die Abstrahlung von Wärme von der Erde ins Weltall bremst und so zur Erderwärmung beiträgt. Aber: Bei dem Prozess der Ozonbildung wird zugleich Methan abgebaut, das wiederum auch ein starkes Treibhausgas ist. Bei der Bildung eines Treibhausgases wird also ein anderes Treibhausgas abgebaut.
Die Klimawirkung des Luftverkehrs hängt nicht nur von der Stärke und der Zusammensetzung der Emissionen ab, sondern auch von deren Effektivität und der Emissionsregion: Aufgrund ihrer unterschiedlichen Verweildauer – die Lebensdauer von CO2 beträgt ca. 50 bis 100 Jahre, während Ozon nur einige Wochen in der oberen Troposphäre verbleibt und Kondensstreifen aus Wasser sogar schon binnen weniger Minuten oder Stunden verschwinden – haben die verschiedenen klimarelevanten Faktoren auch eine unterschiedliche Klimawirksamkeit.
Ausbreitung und Verweildauer von Emissionen
Beim Luftverkehr wird stets auch die Minderung der Klimawirkung angemahnt. Dabei lässt sich genau diese nur schwer in Zahlen erfassen. Kritiker bedienen sich in der Regel einer simplen Methode: Sie belegen das Maß der CO2-Emission mit dem Faktor 2 oder größer, um die Klimawirkung anzugeben. Dieser Faktor wird mit der Berechnung des sogenannten Strahlungsantriebs, auch Radiative Forcing (RF) genannt, begründet. Der Radiative Forcing Index (RFI) ist ein Maß für die vergangenheitsbezogene Veränderung des Klimasystems der Erde durch den Menschen seit Beginn der Industrialisierung. Diese Methode ist geeignet, um eine Abschätzung der Klimawirkung von langlebigen Treibhausgasen wie zum Beispiel CO2 zu generieren. Für kurzlebige Emissionen wie Stickoxide und Kondensstreifen eignet er sich nicht, weil diese sich über die Zeit unterschiedlich in der Atmosphäre verhalten. Denn Kondensstreifen entstehen nicht immer – und wenn doch, gibt es große Unterschiede in der Verweildauer oder auch der daraus entstehenden Zirruswolken. Diese Unterschiede fließen bei der Verwendung des RFI nicht mit ein.
Andere Methoden, um die Klimawirkung in Zahlen zu fassen, sind das Absolute Treibhauspotential (AGWP) und die Durchschnittliche Temperaturreaktion (ATR), die vor allem die zeitliche Bewertung für unterschiedliche Treibhausgase mit einbeziehen. Diese Metriken berücksichtigen die Stärke der Störung des Klimasystems der Erde und die atmosphärische Lebenszeit der emittierten Stoffe. AGWP und ATR sind somit vorwärts orientierte Metriken. Aus Sicht der Luftfahrtbranche sind diese Methoden besser geeignet, da man die Klimawirkung und die Gesamtbelastung der Umwelt individuell für jeden Flug bestimmen kann, da Wirkungsgrad und -dauer der einzelnen emittierten Stoffe berücksichtigt werden.
Kondensstreifen: Entstehung und Klimawirkung
Flugzeuge erreichen im Reiseflug bei Mittel- und Langstreckenflügen eine Höhe von über zehn Kilometern. In dieser Höhe ist die Luft zum Teil kälter als minus 40 Grad Celsius. Sie kann deutlich weniger Wasser aufnehmen als warme Luft. Der Wasserdampf, der bei der Verbrennung von Kerosin entsteht, kann also nicht von der Atmosphäre aufgenommen werden. Das Ergebnis ist kondensierter Wasserdampf in Form von Wassertropfen, die dann zu Eiskristallen gefrieren, die künstliche Wolken in Streifenform am Himmel formen – die Kondensstreifen.
Unter Umständen können sich aus den Kondensstreifen sogenannte Zirruswolken entwickeln, die dafür sorgen, dass sich die Erdatmosphäre erwärmt. Das hängt damit zusammen, dass ein großer Teil der Sonnenstrahlung, die die Erde erreicht, normalerweise wieder zurück in den Weltraum reflektiert wird. Die Zirruswolken verhindern aber zum Teil die Abstrahlung der am Boden reflektierten Sonnenstrahlung zurück in die Atmosphäre. Die Bewölkung wirkt dann wie eine Glocke, die die Wärme auf der Erde hält. Die einzelnen Zusammenhänge werden zurzeit intensiv erforscht.
In Deutschland ist es vor allem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das die Wirkung von Kondensstreifen wissenschaftlich untersucht. Dazu setzen die Mitarbeiter eine ganze Reihe von Methoden und Technologien ein. Satellitendaten gehören genauso dazu wie Klimamodelle und auch ein ganz besonderes Flugzeug mit dem Namen HALO. Dieses Forschungsflugzeug kann sehr hoch und gleichzeitig auch sehr weit fliegen. Nach diesen Eigenschaften ist es auch benannt: High Altitude and Long Range Research Aircraft. Mit diesem fliegenden Labor sind Messungen in der Atmosphäre möglich, die es bisher noch nicht gab. Aus den Ergebnissen versprechen sich die Wissenschaftler auch neue Erkenntnisse zur Klimawirkung der Kondensstreifen.
Im Zusammenhang mit den Kondensstreifen wird von Verschwörungstheoretikern vereinzelt auch das Wort Chemtrails verwendet. Sie sehen Kondensstreifen als ein Zeichen für den Einsatz von Chemikalien, um die Menschen und deren Gesundheit zu beeinflussen. Diese Theorie ist grundlegend falsch und wurde bereits mehrfach widerlegt. Mehr dazu finden Sie in unseren Häufigen Fragen.
Lufthansa: Seit Jahrzehnten Unterstützung für die Klimaforschung
Seit 30 Jahren unterstützt die Lufthansa Klimaforschungsprojekte wie IAGOS, das In-service Aircraft for a Global Observing System. Hierfür haben Lufthansa und Lufthansa Technik zusammen mit den Forschungspartnern vom Forschungszentrum Jülich und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mehrere Verkehrsflugzeuge umgebaut und mit Messsystemen ausgestattet, um im regulären Flugbetrieb global und kontinuierlich Daten für die Atmosphären- und Klimaforschung zu sammeln.
Die Messdaten aus Verkehrsflugzeugen liefern für die Wissenschaft wertvolle Erkenntnisse, weil die Flugzeuge in einer Höhe fliegen, die für Satelliten zu niedrig und für Wetterballone oder die Beobachtung vom Boden zu hoch ist. Außerdem ist die Tropopause in rund zehn Kilometern Höhe, in der Flugzeuge normalerweise fliegen, für die Wolkenbildung, das Wetter und das Klima besonders wichtig.
Die beiden Airbus-Flugzeuge der Lufthansa mit den Namen „Viersen“ und „Koblenz“ sammeln im Rahmen des Projektes IAGOS-Core Daten von atmosphärischen Spurenstoffen in Reiseflughöhe. Die Flugzeuge wurden dazu mit speziellen Messgeräten ausgestattet. Die gesammelten Daten werden nach der Landung an das Forschungszentrum CNRS in Toulouse übermittelt. Sie sind für die globale Forschung frei zugänglich und werden derzeit von rund 300 Organisationen weltweit genutzt. Der Airbus A340-300 „Viersen“ ist dafür schon seit 2011 im Einsatz. IAGOS knüpft an die Erfolge des Vorläuferprogramms MOZAIC an, das bereits 1994 startete.
Die Fluggesellschaft leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Aufbau einer weltweiten Messinfrastruktur für die Beobachtung der Erdatmosphäre mit Hilfe der zivilen Luftfahrt. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist von dem Projekt überzeugt, denn durch die kontinuierliche und globale Erfassung von Atmosphärendaten wird eine wichtige Wissenslücke geschlossen, um genauere Klimavorhersagen zu treffen.
Ein weiteres Projekt, in dem sich die Lufthansa engagiert, ist IAGOS-CARIBIC (Civil Aircraft for the Regular Investigation of the Atmosphere based on an Instrument Container). Lufthansa hat dafür den modernsten und sparsamsten Langstreckenjet ihrer Flotte ausgesucht – einen Airbus A350-900 mit Taufnamen „Erfurt“ (Registrierung D-AIXJ). In drei Etappen wird aus der „Erfurt“ nun ein fliegendes Forschungslabor. Im Hangar von Lufthansa Technik auf Malta erfolgten ab 2021 die ersten und umfassendsten Umbaumaßnahmen: Am unteren Flugzeugrumpf wurden die Vorbereitungen für die Installation des Luft-Einlasssystems getroffen. Einlasssystem und das rund 1,6 Tonnen schwere Klimaforschungslabor, der sogenannte CARIBIC-Messcontainer befinden sich noch in der Entwicklung und Zulassung. Ab 2024 soll die „Erfurt“ dann im Dienst der Klimaforschung ab München abheben und in der Tropopausenregion (in neun bis zwölf Kilometern Flughöhe) rund 100 verschiedene Spurengase, Aerosol- und Wolkenparameter messen.
Bereits seit 2005 war das fliegende CARIBIC-Labor regelmäßig in Betrieb und hat auf rund 500 Flügen bisher wertvolle Messdaten von über 3,6 Millionen Kilometern Flugstrecke liefern können. Bis 2020 kam für diesen Zweck ein Airbus A340-600 zum Einsatz.